Unverständliche Rolle rückwärts
Am 4. November 2013 fand eine denkwürdige Sitzung des Förderschulausschusses des Kreises Olpe statt (siehe Bericht in der Siegener Zeitung: „Mit sieben Motoren statt einem„).
Bei nur einer Enthaltung (der grünen Abgeordneten Marina Büntig) brachte der Ausschuss die Rücknahme des Beschlussvorlage zur Erstellung eines Inklusionsplans zur kreiseinheitlichen Inklusionsplanung auf den Weg.
Am 16. Dezember wurde diese Rücknahme dann endgültig vom Olper Kreistag bestätigt.
Aufhebung eines richtungsweisenden Beschlusses
Im Sommer 2011 hatten die Bürgermeister und der Landrat des Kreises selbst beschlossen, eine solche einheitliche Planung zu beginnen. Doch seit dem damals folgenden Kreistagsbeschluss (mit überwältigender Mehrheit bei nur vier Gegenstimmen) ist auf Ebene des Kreises und der Kommunen diesbezüglich offensichtlich sehr wenig passiert.
Stattdessen ist man plötzlich — 2 1/4 Jahre später — zu der Ansicht gelangt, dass die Planung der schulischen Inklusion nun doch vereinzelt in den sieben Kommunen des Kreises geschehen solle.
In den Schulen des Kreises Olpe hat das gemeinsame Lernen von Schülern mit und ohne Beeinträchtigungen in den letzten Jahren ebenso wie NRW-weit enorm zugenommen. Dies braucht endlich transparente und nachhaltige Planungen von Kreis und Kommunen.
Protest gegen Rücknahme des Beschlusses
Bereits im November im Vorfeld der sich abzeichnenden Enwticklung hatten neun Organisationen, die sich für nachhaltige Inklusionsplanungen im Kreis Olpe einsetzen, mit einem offenen Brief Stellung zu den politschen Entwicklungen im Kreis bezogen.
Offener Brief an
– die Bürgermeister der sieben kreisangehörigen Kommunen des Kreises Olpe,
– den Landrat des Kreises Olpe, Frank Beckehoff,
– die Stadt- und Gemeinderatsfraktionen aller Kommunen im Kreis Olpe
– die Kreistagsfraktionen im Kreis Olpe,
– die interessierte Öffentlichkeit,
Beschluss zur Erstellung eines kreisweiten Inklusionsplans aufrechterhalten und umsetzen
Sehr geehrte Damen und Herren,
erschrocken haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Bürgermeister und der Landrat des Kreises Olpe keinen kreisweiten Inklusionsplan zur schulischen Inklusion mehr erarbeiten wollen. Ein entsprechender Beschluss, der mit überwältigender Mehrheit der Kreistagsabgeordneten im Juli 2011 getroffen wurde, soll nun auf ihr Bestreben im Kreistag wieder aufgehoben werden.
Diese Rolle rückwärts ist nicht nachvollziehbar. Auf der einen Seite fordern Landrat und Bürgermeister vom Land einheitliche Vorgaben zur Umsetzung der schulischen Inklusion. Gleichzeitig weichen sie von dem zukunfts- und qualitätsorientierten damaligen Beschluss ab, einen einheitlichen kommunalen Inklusionsplan unter Federführung des Kreises Olpe zu erstellen.
Immer mehr Kinder mit Beeinträchtigungen im Kreis Olpe machen mit Hilfe ihrer Eltern und der Schulen von ihrem Recht auf Inklusion Gebrauch: sie lernen gemeinsam mit allen anderen Kindern in allgemeinen Schulen. Diese Chance und Herausforderung für alle Schüler und die Schulen im Kreis macht eine kreisweit koordinierte Inklusionsplanung erforderlich.
Stattdessen sollen in Zeiten von knappen Kassen und demografischem Wandel, der unsere Schullandschaft immer kleiner werden lässt, in sieben Rathäusern des Kreises schulische Inklusionsplanungen vorgenommen werden? An sieben verschiedenen Orten sollen die zumeist gleichen Fragen beantwortet werden? In sieben Kommunen im kleinsten Kreis von NRW sollen Konzepte entwickelt werden, die in vielen Punkten sinnvollerweise doch nur gemeinschaftlich und interkommunal umgesetzt werden können?
Die Verfasser dieses offenen Briefes haben über zwei Bürgeranträge mögliche Wege zu einer an Qualität und Transparenz orientierten Inklusionsplanung im Kreis Olpe aufgezeigt. Nach dem ersten positiven Beschluss zur Erstellung des Inklusionsplans im Juli 2011 sind jedoch keinerlei erkennbare Planungen auf Ebene des Kreises und der Kommunen vorgenommen worden. Begründet wurde dies immer wieder mit fehlenden Vorgaben und dem Warten auf finanzielle Zusagen des Landes. Wir unterstützen, dass vom Land vernünftige Rahmenbedingungen und auch finanzielle Unterstützung für erforderliche Maßnahmen eingefordert werden.
Parallel zu diesen Verhandlungen braucht es hier vor Ort aber endlich erkennbare und transparente Anstrengungen von Kreis und Kommunen für Aufbau und Unterstützung guter inklusiver Schulangebote, wie es die UN-Behindertenrechtskonvention verlangt. Viele Planungsfragen sind ganz unabhängig von finanziellen Aspekten und auch nur hier im Kreis zu klären. Das Hin- und Herschieben der Verantwortung zwischen den verschiedenen Ebenen (Land – Kreis – Städte und Gemeinden) geht auf Kosten der beteiligten Menschen vor Ort und muss endlich aufhören.
Gute Bildungsregionen können nicht alleine durch Verordnungen des Landes entwickeln. Kreise, Städte und Gemeinden, die gute Bildungsregionen für alle Kinder sein wollen, müssen anerkennen, dass sie heute erweiterte Schulträgeraufgaben auch inhaltlicher Natur haben. Die Deutsche UNESCO-Kommission hat in ihren Untersuchungen Erfolgsfaktoren für eine gute Umsetzung inklusiver Bildung auf kommunaler Ebene herausgearbeitet. Diese sind (1.) eine Bestandsaufnahme und Analyse, (2.) eine Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit, (3.) die Vernetzung der Beteiligten; (4.) koordinierte Steuerungsmechanismen, (5.) die Erarbeitung von konkreten Aktionsplänen und (6.) die Stärkung von Lehrkräften, Lernumgebung und somit Kindern.
Dem Kreis Olpe und den sieben Kommunen wurden mittlerweile von Seiten der Verfasser dieses Briefes weitere konstruktive Vorschläge zur Inklusionsplanung gemacht.
Zum einen über einen zweiten Bürgerantrag auf Einrichtung eines Arbeitskreises Inklusion, der das Wissen und die Erfahrungen der Menschen vor Ort einbindet.
Zum anderen über einen konkreten und praxisnahen Fragen und Anregungskatalog zur Inklusionsplanung der Landrat und Bürgermeistern vorgelegt wurde. Unter www.inklusion-olpe.de findet man diese Dokumente und weitere Entwicklungsbeschreibungen.
Die Verfasser dieses Briefes wünschen sich nachdrücklich, dass an der Erarbeitung eines kreisweiten Inklusionsplans festgehalten wird, um Nachhaltigkeit und Qualität im Inklusionsprozess des Kreises zu gewährleisten. Der richtungsweisende Kreistagsbeschluss vom 11.7.2011 soll nicht aufgehoben werden. Stattdessen sollte nach 2 ¼ Jahren endlich mit der Umsetzung begonnen werden.
Daher bitten wir die politischen Entscheidungsträger auf Kreis- und Kommunenebene eindringlich um entsprechende Diskussionen und Abstimmungen in den Gremien.
Mit freundlichem Gruß
Gemeinsam leben, gemeinsam lernen – Olpe plus e.V.;
Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfegruppen im Kreis Olpe e.V.
Arbeitskreis Barrierefrei;
Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Lebenshilfe Center Olpe;
Deutscher Kinderschutzbund Kreisverband Olpe e. V.;
Verein für Menschen mit Behinderungen Kreis Olpe e.V.;
Selbsthilfegruppe ADS/ADHS;
Arbeitsgemeinschaft Spina Bifida und Hydrocephalus;
Selbsthilfegruppe für Angehörige von Menschen mit Autismus,
Arbeitsgemeinschaft Begegnung Attendorn