Monitoring-Stelle hat Parallelbericht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention eingereicht
Große Defizite vor allem im Bereich der inklusiven Bildung in Deutschland
Vor der Staatenberichtsprüfung am 26./27. März 2015 hat die Monitoring-Stelle beim zuständigen UN-Fachausschuss ihren Parallelbericht zum Umsetzungsstand der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland eingereicht. Das 37-seitige Dokument greift insgesamt 24 Problembereiche auf, denen der Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD-Ausschuss) aus Sicht der MSt besondere Aufmerksamkeit widmen sollte.
Neben Hintergrundinformationen und kurzen Problemanalysen enthält der Bericht Empfehlungen, wie der Bund und die Länder die Umsetzung der UN-BRK weiter vorantreiben sollten. Der Bericht dient dem CRPD-Ausschuss neben dem Staatenbericht der Bundesregierung und dem Parallelbericht der BRK-Allianz im laufenden Prüfverfahren als eine weitere Grundlage, um sich ein umfassendes Bild davon machen zu können, wie es um die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland steht.
Die deutsche Monitoring-Stelle zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention stellt ihrem Bericht fest, dass
„der Paradigmenwechsel in der Politik hin zu mehr Selbstbestimmung und gleichberechtigter Teilhabe an vielen Stellen bislang ausgeblieben ist. Der damit verbundene echte Strukturwandel steht noch aus.“
Im Bericht wird zudem festgestellt, dass
„dass die Vorgaben der UN-BRK hierzulande noch nicht hinreichend in der Lebenswirklichkeit der Menschen mit Behinderungen angekommen sind. Politik und Regierung bedürfen eindringlicher Impulse seitens des CRPD-Ausschusses, um bestehende Problemlagen, bekannte Konfliktpunkte und ungeklärte Umsetzungsfragen entschlossen anzugehen.“
Weiter wird beschrieben:
„In vielen Bereichen bleiben Bedeutung und Tragweite der Konvention rechtlich und praktisch wirkungslos. Der menschenrechtliche Ansatz fehlt beispielsweise bei der Entwicklung von Regierungsprogrammen (siehe Artikel 6: Gewaltschutz von Frauen und Mädchen; Artikel 14: Rechte von Menschen in psychiatrischer Versorgung), in gesetzgeberischen Maßnahmen sowie in Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen (Artikel 9: Ausweitung der Zugänglichkeit). Zwar findet Partizipation von Menschen mit Behinderungen und ihren Verbänden häufig statt, aber nicht immer in geeigneten und sinnstiftenden Formaten (Artikel 4: Partizipation). Nicht zuletzt haben einige Vorgaben aus der Konvention, etwa das Prinzip der Inklusion, eine gesellschaftspolitische Dimension. So wird im Vertragsstaat zwar eine kontroverse Diskussion über Inklusion geführt, auch und gerade in der Öffentlichkeit, die sich in einigen Darstellungen dieses Berichts widerspiegelt (Artikel 24: Anforderungen an ein inklusives Schulsystem; Artikel 27: Beschäftigung in Werkstätten). Führende Stellen des Vertragsstaats (Bund wie Länder) jedoch treten vielfach dafür ein, besondere Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen unverändert beizubehalten, was in einzelnen Sektoren, etwa bei Bildung, Wohnen und Arbeit, flächendeckend die Aufrechterhaltung von Doppelstrukturen bedeutet (Artikel 19: Deinstitutionalisierung). Solche Doppelstrukturen bergen ihrerseits die Gefahr von Ausgrenzung und Benachteiligung.“
Den ganzen Bericht finden Sie auf der Seite des Deutschen Instituts für Menschenrechte, dass als deutsche Monitoring-Stelle zur Überwachung der UN-Behindertenrechtskonvention fungiert.
Die Tagesschau brachte am 7.3.2015 einen Beitrag zur Veröffentlichung des Berichts: Defizite bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.