Gemeinsames Lernen von SchülerInnen mit und ohne sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf wird zum Regelfall
Mit dem Ersten Gesetz zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen hat das Land NRW eine für Kinder mit Beeinträchtigung und deren Eltern bedeutende Änderung vorgenommen:
SchülerInnen mit Beeinträchtigungen, die einen sogenannten sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf haben, muss grundsätzlich immer ein Platz an einer allgemeinen Schule angeboten werden.
Hierzu muss die Schulaufsicht in Abstimmung mit dem Schulträger (also der Stadt oder Gemeinde) mindestens eine allgemeine Schule vorschlagen, die auch für das Gemeinsame Lernen personell und sächlich ausgestattet ist.
Gemeinsames Lernen von SchülerInnen mit und ohne Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung wird mit diesem Gesetz zum gesetzlichen Regelfall.
Eltern eines Kindes mit festgestelltem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung müssen nicht länger die Aufnahme an einer allgemeinen Schule eigens beantragen.
Dass heißt, die Eltern melden ihr Kind an der allgemeinen Schule an. Hierbei können sie gleichzeitig den Antrag auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs stellen und damit, so das Schulministerium, ihren Willen bekunden, für ihr Kind sonderpädagogische Unterstützung an der allgemeinen Schule zu erhalten (vgl. Schulgesetz, S.9).
Nur in Ausnahmefällen können Schulen auch gegen den Willen der Eltern den Antrag auf Eröffnung eines Verfahrens stellen: (1) wenn eine SchülerIn nicht zielgleich unterrichtet werden kann und (2) bei einem vermuteten Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung, der mit einer Selbst- oder Fremdgefährdung einhergeht (vgl. Schulgesetz § 19, Abs. 7). SchülerInnen haben aber auch in diesem Fall grundsätzlich das Recht auf Gemeinsames Lernen in der allgemeinen Schule.
Eine solches „Feststellungsverfahren im Rahmen der AO-SF“ wird bei Kindern mit Sinnenbeeinträchtigungen (Sehen und Hören), mit körperlichen und motorischen Beeinträchtigungen und mit sogenannten geistigen Beeinträchtigungen in der Regel sicher weiterhin durchgeführt. Denn: Eltern können so die sonderpädagogische Unterstützung ihrer Kinder in der allgemeinen Schule beantragen und absichern lassen.
Im Bereich der Lern-und Entwicklungsstörungen (Förderschwerpunkte Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung und Sprache) wird dieses Feststellungsverfahren nicht mehr in allen Fällen erforderlich sein. Hier kann die Frage, ob eine Schülerin oder ein Schüler einen Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung hat, auch niedrigschwellig durch Lehrkräfte auf der Basis schulfachlicher Diagnostik beantwortet werden. [vgl. auch Wer entscheidet, ob Schülerinnen und Schüler Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung haben?
Im Gesetz heißt es dazu unter § 19, – Sonderpädagogische Förderung – (5):
Auf Antrag der Eltern entscheidet die Schulaufsichtsbehörde über den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung und die Förderschwerpunkte. Vorher holt sie ein sonderpädagogisches Gutachten sowie, sofern erforderlich, ein medizinisches Gutachten der unteren Gesundheitsbehörde ein und beteiligt die Eltern. Besteht ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung, schlägt sie den Eltern mit Zustimmung des Schulträgers mindestens eine allgemeine Schule vor, an der ein Angebot zum Gemeinsamen Lernen eingerichtet ist. § 20 Absätze 4 und 5 bleiben unberührt.
Beratung der Eltern auch durch unabhäbgige Beratungsstellen
Beratung in Bezug auf diesen ganzen Prozess bekommen Eltern bei den Schulämtern und weiteren Beratungsstellen.
Im Schulgesetz (S.11) heißt es dazu:
„Die Beratung der Eltern ist eine zentrale Aufgabe der Schulaufsicht. Nach den Vorschriften für das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs können die Eltern eine Person ihres Vertrauens hinzuziehen (§ 12 Absatz 5 Satz 2 AO-SF).
Hierdurch ist eine zusätzliche Beratungsmöglichkeit eröffnet. Die Person des Vertrauens kann die Vertreterin oder der Vertreter eines Inklusions-Fachverbands oder einer Elterninitiative sein (vgl. hierzu Beschluss des Landtags „UN-Konvention zur Inklusion in der Schule umsetzen“ vom 1. Dezember 2010). Die Schulaufsichtsbehörde informiert die Eltern über weitere Beratungsangebote, zum Beispiel der Selbsthilfeorganisationen für Menschen mit Behinderungen oder weiterer Fachverbände. Die Entscheidung darüber, wen die Eltern zur Beratung hinzuziehen, liegt allein bei ihnen“.