inklusionsfakten.de beleuchtet häufige Vorurteile zur inklusiven Bildung
Unter anderem aus Anlass der Jauch-Sendung zum Thema Inklusion (ARD, 18. Mai, 21:45 Uhr) stellt Lisa Reimann fest, dass in Debatten über inklusive Bildung sehr häufig unreflektiert Falschaussagen gemacht werden.
Die freie Dozentin (Schwerpunkte u.a.: Inklusion, inklusive Pädagogik und Pädagogik der Vielfalt) lernte selbst von der ersten Klasse bis zum Abitur mit beeeinträchtigten und nichtbeeinträchtigten MitschülerInnen zusammen. Zuerst an der ersten staatlichen Integrationsschule im deutschsprachigen Raum (Fläming-Grundschule in Berlin) und dann an der Sophie-Scholl-Oberschule.
„Ich kannte von klein auf Kinder, die ihren Kopf nicht bewegen konnten, die manchmal laut schrien oder die nie lesen lernten. Ich erlebte Sie als Teil der Schulgemeinschaft. Behinderung fasziniert und interessiert mich heute nicht. Behinderung ist ein Aspekt von Vielfalt. Mich interessieren Barrieren, die heute gleichberechtigte Teilhabe verhindern. Diese Barrieren gab es an meinen Schulen nicht.“ (Lisa Reimann)
Lesen Sie Lisa Reimanns Beiträge und machen sich Ihr eigenes Bild zu inklusiver Bildung!
Ziel der Veröffentlichung hier ist es, die Diskussion mit sachlichen und belegbaren Argumentationen anzureichern.
In ihrer Zusammenstellung 20 Mythen und 20 Gegenargumente (Quelle: inklusionsfakten.de) greift Lisa Reimann die häufigsten Vorurteile gegenüber dem Gemeinsamen Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung auf und bringt Gegenargumentationen vor. Sie liefert Fakten, Best-Practice-Beispiele, die Menschenrechtsperspektive und Quellen zu Bildungsstudien, die helfen können, sich eine eigene Meinung zu bilden und Vorurteile abzubauen.
“Die nichtbehinderten Kinder werden durch den gemeinsamen Unterricht benachteiligt.”
Fakt ist: Wissenschaftliche Befunde, zeigen, dass Kinder im Gemeinsamen Unterricht keine schlechteren und teilweise sogar bessere Ergebnisse erzielen. Denn von der inklusiven Didaktik profitieren alle.
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“Schüler/Schülerinnen mit Behinderung lernen besser an einer Förderschule.”
Alle bisher vorliegenden Studien zeigen, dass diese These wissenschaftlich nicht belegt werden kann. Ganz aktuell gibt es hierzu z.B. interessante Langzeitstudien: die BiLieF-Studie und die Ergebnisse von Bildungsvergleichsstudien des IQB.
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“Kinder mit Behinderung brauchen einen Schonraum/Schutzraum.”
Dieses Argument basiert auf dem Gedanken, Kinder mit Behinderungen würden sich auf Förderschulen optimaler entwickeln, da sie nicht mit Kindern, die in ihrer Entwicklung „weiter“ sind, konfrontiert werden. Erfahrungen und Untersuchungen zeigen jedoch, das diese These nicht haltbar ist – im Gegenteil! Es ist hier auch die Frage zu stellen: Auf welche Gesellschaft bereiten wir die Kinder vor? In der Gesellschaft und auch nach der Schule gibt es diesen Schonraum nicht. Das Zusammenleben lernt nur, wer zusammen leben kann, so wie man das Schwimmen auch nur im Wasser lernt.
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“Das Kindeswohl muss im Vordergrund stehen, wenn es um die Entscheidung des Förderortes geht.”
Verschiedene Studien zeigen, dass eben die Separation negative Auswirkungen auf das Kindeswohl haben kann.
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“Einige Kinder mit Behinderung können auf eine inklusive Schule, andere Behinderungsformen sprengen den Rahmen.”
Menschenrechte sind unteilbar. Das Recht auf Inklusion, also auf selbstbestimmte Teilhabe, ist unteilbar und kann grundsätzlich nicht von Behinderungsformen abhängig gemacht werden.
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“Inklusiver Unterricht kostet mehr.”
„Falsch“, resümiert Lisa Reimann.
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„Inklusion braucht Zeit.“
Was Lisa Reimann dazu schreibt… Lesen Sie mehr…
Was Olpe plus dazu schreibt…
Deutschland hat die UN-Konvention bereits vor einem halben Jahrzehnt unterzeichnet. Seitdem ist sie für alle staatlichen Ebenen bei Bund, Ländern und Kommunen völkerrechtlich bindend. Alle Ebenen hatten somit bereits viel Zeit Vorbereitungen zu treffen, zum Beispiel Inklusionspläne (auf allen drei Ebenen) zum nachhaltigen und bedachten Aufbau eines inklusiven Bildungssystems aufzustellen und mit einer schrittweisen Umsetzung zu beginnen. Einige Länder und auch viele Kommunen haben ja auch bereits damit begonnen.
Bei uns im Kreis Olpe wurde der Beschluss zur kreiseinheitlichen Inklusionsplanung unverständlicherweise wieder zurück genommen (siehe unter Rolle rückwärts im Kreis Olpe) .
Hubert Hüppe (ehemaliger Beauftragter der Bundesregierung für Menschen mit Behinderung, CDU) hat schon 2010 sehr treffend formuliert:
„Es sind Strukturen, die immer schwer sind aufzubrechen, und es gibt halt die Barrieren in den Köpfen; sowohl auch bei Pädagogen als auch bei Sonderpädagogen, wie bei Regelpädagogen. Alle müssen sich ändern und Änderungsprozesse sind einfach schwierig das merkt man. Die Kinder wollen jetzt rein, die stehen jetzt vor der Tür und die wollen jetzt in diese Schule und die haben nur dieses eine Leben und deswegen kann ich nur auffordern: lasst die Kinder endlich rein in die Schulen, egal ob sie mit oder ohne Behinderung sind. Es dient beiden.
(Quelle: Interview bei Jakob-Muth-Preisverleihung, 2010)
Inklusion baut auf langjährigen Erfahrungen auf und ist – anders als meist vermutet – gut erprobt!
Schon seit gut 40 Jahren zeigen in Deutschland immer mehr Schulen, an denen das Gemeinsame Lernen mit Überzeugung praktiziert wird: Es geht! Und der Weg zur inklusiven Schule lohnt sich. Es gibt deutschlandweit Schulen, die schon seit vielen Jahren erfolgreich Gemeinsamen Unterricht praktizieren und über Jahre wertvolle Erfahrungen gesammelt haben. Die Schulen zeigen auch, dass Leistung und Inklusion kein Widerspruch sind. Dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Beeinträchtigungen in hoher Qualität und ihren jeweiligen Möglichkeiten entsprechend individuell lernen und gefördert werden können.
Dr. Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention am Deutschen Institut für Menschenrechte beklagt in diesem Zusammenhang, dass die guten Erfahrungen mit gemeinsamem Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern in Deutschland zu wenig bekannt seien und die positiven Beispiele aus anderen Staaten zu wenig zur Kenntnis genommen würden.
„Die Konvention ist nicht weltfremd, sondern Inklusion baut auf langjährigen Erfahrungen auf und ist – anders als meist vermutet – gut erprobt“, so Aichele.
Beispiele für Schulen, die sich auf den Weg gemacht haben finden Sie hier: Praxisbeispiele im Film.
“Wir brauchen erst Konzepte und empirische Befunde.”
Seit den 70er Jahren gibt es Schulen in Deutschland, die erfolgreich Gemeinsamen Unterricht umsetzen und entsprechende Konzepte aufweisen.
Diverse Schulversuche wurden wissenschaftlich begleitet und ausgewertet und die Wirksamkeit vom Gemeinsamen Unterricht wurde zahlreich wissenschaftlich belegt.
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„Inklusive Bildung – wie soll denn das gehen, wenn die “schwachen” Schüler nicht mitkommen?“
„Wer meint, das geht nicht, der/die irrt“, schreibt Lisa Reimann. Lesen Sie mehr…
“Inklusion ist schön, aber bitte nicht auf Gymnasien.”
Lisa Reimann führt aus: „Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) unterscheidet nicht nach Oberschultypen. Die Umsetzung von Artikel 24 der UN-BRK, der das Recht auf inklusive Bildung beinhaltet, ist Aufgabe aller Schulen und Schulformen (Artikel 24: „inclusive education system at all levels“).
Weiter führt Frau Reimann Beispiele gelungener integrativer Beschulung an Gymnasien auf:
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Weitere Vorurteile und Gegenargumentationn…
Auf Inklusionsfakten.de finden Sie noch weitere Vorurteile und Gegenargumentationen.
Weitere Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Gemeinsamen Unterricht… Gute Inklusive Bildung – ein Gewinn für alle! Die Forschungen kommen übereinstimmend zu weitgehend positiven Ergebnissen: Durch gute inklusive Beschulung wird mehr Bildungsgerechtigkeit und soziale Partizipation erreicht. Gemeinsames Lernen kommt allen zugute. Auch wenn das Menschenrecht auf inklusive Bildung nicht der Rechtfertigung oder Bestätigung durch empirische Forschungsergebnisse bedarf, tragen sie zur Bewusstseinsbildung bei und fördern Zustimmung und Akzeptanz. Lesen Sie hier den kurzen und sehr informativen Bericht zu den Forschungsergebnissen: Bericht von Irene Demmer-Dieckmann
Bericht von Irene Demmer-Dieckmann